Mittwoch, 15. Juni 2011

Maibericht Teil1, Auroville

Soooo, und auf den Aprilbericht folgt der Maibericht. Große Güte, das ist der drittletzte Bericht, nagut, da denk ich jetzt erstmal nicht weiter drüber nach und starte stattdessen die gedankliche Wiederholung des Monats, damit müsste ich mich gut ablenken können...Und los

In Mamallapuram, meinem 2ten Zuhause, verbrachten wir alle, inklusive Prabhu und Familie, die recht unsichtbar waren, ein paar wunderschöne Tage. Warum wieder Mamallapuram? Weil dort das Nähmaschinenprojekt offiziell eröffnet wurde, das wir durch unsere Spendengelder finanziert haben. Ein Schleifchen wurde durchschnitten, das neugebaute Haus plus der Nähmaschinen mit unseren Initialien begutachtet, es wurden Handtücher verteilt (zu meiner großen Freude erhielt ich nicht das hässliche braune sondern ein leuchtend honiggelbes und ein fablich dazu passendes pinkes. Allerdings hätte ich am liebsten das traumtypaugenfarbenblaue geschenkt bekommen, naja, what to do...Das mit den Geschenken ist wirklich immer eine ganz spannende Sache, du denkst du bist der Glückliche, der den Schal oder Handtuch oder was auch immer mit der schönsten Farbe erhält, weil du jetzt an der Reihe bist aufgerufen zu werden und das nächste Präsent in der Reihe das eindeutig attraktivste ist, aber wie das dann immer so ist, kommt irgendein Nichtdenkender, bringt alles durcheinander und ruft entweder den falschen glücklichen Besitzer auf oder er winkt das kackbraune Exemplar zu dir her...in Indien kann man sich niemals sicher sein...was sind mir deshalb schon für schöne Farben durch die Lappen gegangen...), und natürlich wurde gegessen!Und natürlich wurde Chicken-Biriyani gegessen.
Den Rest des Tages verbrachten wir 'mal wieder am Strand, ebenso den Abend und die Nacht =) Gott, was werde ich das vermissen...
Aber irgendwann kommt die Zeit und man muss auch den schönsten Ort verlassen, jaaa jedesmal ein trauriger Abschied, aber zum Glück ja nur auf Zeit, noch...=(
Von Mamallapuram ging es für mich dann weiter nach Auroville in Pondicherry. Ok, es hätte weitergehen sollen, allerdings habe ich es ja nicht so mit dem praktischen Denken und so fiel mir dann siedendheiß ein, schon ein Bein im Pondi-Bus, dass es vielleicht ganz sinnvoll wäre, einen Reisepass mit sich zu führen, denn andernfalls besteht die Gefahr, auf der Straße übernachten zu müssen. Unpraktischerweise hatte ich meinen Reisepass jedoch schon lange nicht mehr gesehen und die verzweifelte Suche im Rucksack blieb erfolglos. Ich starrte einige Minuten so vor mich hin, sagte mir, what to do Carina, man kann sich sich selber nicht aussuchen, schloss die Augen, atmete gaaaaaanz tief durch und lief den verdammten langen Weg mit meinem verdammten schweren Gepäck zu dem verdammt entfernten anderen Busstand und ließ mich 6 Stunden in die entgegengesetzte Richtung von Auroville nach Pallikonda kutschieren. Nach dem Durchsuchen sämtlicher Räume, Fächer, Collegeblöcke, Koffer und sonstiger Dinge, ich war dem Lachen ganz ganz nahe, fand ich meinen Reisepass unter einem Stapel Papiere, die wahrscheinlich demnächst, bei einer irgendwann in der entfernten Zukunft stattfindenden Aufräumaktion im Müll gelandet wären. Reisepass gefunden. Carina glücklich und so erleichtert, dass sie sich glatt vornahm, ab jetzt immer ganz genau auf ihren Pass aufzupassen. Am nächsten Morgen ging es also auf, nun in die richtige Richtung, nach Pondicherry. Nach ca. 8 Stunden endlich angekommen, weitere 10 Minuten nach Auroville. Dort war ich nun also, stand auf ner völlig normalen Straße und hatte keine Ahnung, was nun? Ich folgte also dem Schild AurovilleCentre, 8 km. Härteprobe, die Hitze war unglaublich und ich hatte keine Ahnung, wonach ich eigentlich suchte. Auroville hatte ich mir eindeutiger vorgestellt. Irgendwann gabelte mich ein netter älterer Franzose auf und er half mir, ein Guesthouse zu finden. Dort wechselte ich dann den Helfer, mein Zimmernachbar nahm sich meiner an und wir fanden einen kleinen Job für mich, denn den brauchte ich ja, meine Urlaubstage waren fast aufgebraucht.
Jeden Morgen um 6 ging es nun also zur Gartenarbeit im Buddah-Garden. 3 Stunden hartes Unkrautzupfen, Chashewkernepflücken, Komposten oder Blättersortieren, dabei Plaudern oder auch Schweigen mit den Arbeitskollegen, dann Frühstück in netter Runde. Es war ein wunderschöner Platz zum Arbeiten, mystisch ruhig, in schöner Umgebung. So stelle ich mir WOOFEN vor, allerdings hat mir diese Woche gereicht, auf Dauer ist es doch etwas eintönig.
Gut, da die Arbeit ja nun früh beendet war, hatte ich den restlichen Tag frei und konnte mit meinem gemieteten Fahrrad (und nur dafür brauchte ich meinen verdammten Reisepass) Auroville erkunden. Ich möchte Auroville jetzt hier nicht weiter erklären, es ist ein wirklich interessanter Ort mit vielen, auch weißen Menschen. Um es einmal grob zu umreißen:
In Auroville geht es darum, in friedlicher Gemeinschaft zusammenzuleben und um noch viel mehr, wen es interessiert, und es ist wirklich interessant: googlen! Allerdings war mir die Stimmung an diesem Ort nicht ganz sympathisch, ich weiß nicht, mir schien sie aufgesetzt. Es wird an Blumen halt gemacht und an ihnen gerochen, was an sich ja schön ist, nur kam es mir nicht ehrlich vor. Alle wollen den Eindruck machen, bewusst zu leben und auch die ganz kleinen Dinge zu schätzen und zu lieben/leben, weil ja gerade diese die Zufriedenheit bringen wenn man sie erkennt. Ist ja gut und schön, aber wie gesagt, ich fand es nicht aufrichtig, es war ein bisschen, als hätten die Menschen einen schlauen Lebensratgeber gelesen und versuchen nun, den Ratschlägen zu folgen. Ein wichtiger Rat in diesem Buch war wohl auch: „lebe dein Leben, lass deine Mitmenschen Mitmenschen sein und ihr Leben leben.“
Ich hatte auf jeden Fall das Gefühl, dass sich keiner ernsthaft für den anderen interessiert, smalltalk, smalltalk, smalltalk, furchtbar langweilig auf Dauer! Vielleicht war das auch nur bei meinem Arbeitsplatz der Fall, ich kann natürlich nicht über Auroville urteilen, war ich doch nur etwas über eine Woche dort und habe nur einen winzigen Einblick gewonnen. Kurz: die meisten Menschen waren nett aber unnahbar. War mir aber recht, ich hatte meinen Zimmernachbarn zum Essengehen, den Strand zum Baden, ein Fahrrad zum Erkunden und viel Zeit zum Lesen und Träumen.
Einer der Aurovilletage war Matrimandirtag.
Der Matrimandir (googlen!) ist „die Seele“ von Auroville und „ein Ort der Konzentration“. Ich beschreibe ihn jetzt nicht, die Bilder kann man überall im Internet finden, allerdings gibt wohl kein Bild die Stimmung im Innern dieses Balls wider, also doch eine Beschreibung:
Nachdem man einen Film über Auroville gesehen und den Matrimandir von außen beguckt hat, erhält man die Erlaubnis, einen Blick in den Himmel zu werfen. Mit einer Gruppe von ca. 20 Personen teilte ich dieses tolle Erlebnis. Wieder eine kurze Erklärung unseres Führers über „die Seele“ (überall gibt es Broschüren zu lesen und du weißt schon alles was der gute Kerl erzählt)plus einige Verhaltensregeln(unter anderem soll man zum Niesen und Husten den Hauptraum im Matrimandir verlassen, ist schwer zu bewerkstelligen wenn ihr mich fragt), und wir durften schweigend in die riesige Goldkugel schreiten...
Von außen kam mir vor als betrete ich ein Raumschiff.
Im Innern:
Kühle, Sonnenuntergangslicht, Mamor überall, flauschiger Teppich, Aufsichtspersonen in weißen Gewändern, weiße Söckchen wurden angezogen und hinauf geht es in einer Reihe die Treppe ohne Stufen hoch an himmlischen Säulen vorbei. Diese Ruhe, verstärkt durch den Wolkenteppich, dieser Raum, in wirklich überirdisches Licht getaucht, diese Kühle nach der sengenden Hitze außerhalb, diese Farben, nur weiß weiß weiß, all das, einfach unbeschreiblich, awesome!
Am Ende der Himmelsleiter angekommen, öffnet sich die Himmelspforte. Ein runder Raum, ein Kristall in der Mitte, ein einzelner Sonnenstrahl fällt auf ihn und erleuchtet ihn, Marmorsäulen um ihn herum errichtet. Weiße Kissen dahinter. Wir setzen uns und sind eins mit dem Himmel. Engelchen in weißen Gewänden bewachen den Raum und geben uns 20 Minuten Zeit, den Himmel zu fühlen....fühlen...fühlen...
Die Tore werden geöffnet, unsere körperliche Verbindung zum Himmel durchbrochen und die Wandertreppe wird nun in falscher Richtung erneut bestiegen. Noch einmal dieses, nun jedoch übertroffene, Feeling des Himmelsweges einsaugen.
Söckchen ausgezogen, und hinaus in die „normale“ Welt.
Ich habe nicht übertrieben mit meiner Beschreibung, keine Worte.
Nach diesem überirdischen Erlebnis (ich hätte niemals gedacht, dass ein „Gebäude“ so eine mystische Atmopsphäre verbreiten kann), folgte ein Tag in Pondicherry. Eigentlich sollte es ein Shoppingtag werden, stattdessen wurde ich für einen kleinen Nebenjob angeheuert, ich bewies mich vor der Kamera, und verdiente coole 25 Euro. Was nicht so cool war, ich verlor mein geliebtes, wirklich geliebtes Handytäschchen, das coole Monster. Wurde ja auch mal wieder Zeit, etwas zu verlieren...
Nun habe ich so viel über Auroville geschrieben, und dabei war das gar nicht das Hauptereignis im Mai...Mist, und ich habe nun endgültig, nach dem April- und dem scheinbar genausolang werdenden Maibericht keine Lust mehr zu schreiben, aber was solls, ich wills nun endlich 'mal vom Tisch haben...
Okay, also das Hauptereignis im Mai war natürlich der Uraubstrip mit Ruth und Kristina nach SriLanka...

Aprilbericht, Mama und Co kommen

Der April...Tja, der April ist jetzt schon etwas länger her, ich muss zugeben, dass ich etwas faul war und einfach nur die arbeitsfreie Zeit genossen habe. Die hatte ich auch bitter nötig, der ganze Alltagsstress, ihr wisst ja, wie hektisch und arbeitsreich hier alles zugeht...
So, dann versuche ich jetzt mal, wieder ein Schreibgefühl zu bekommen, geht mir gerade nicht ganz so flüssig von der Hand, bin etwas eingerostet...Aber los jetzt...

Der April startete noch nicht mit den Schulferien, sondern mit dem Abschlussexamen. Ich war also die ersten 1,5 Monatsanfangswochen damit beschäftigt, die Klausuren meines 2 Standarts zu korrigieren. Und da ich ja lange Zeit damit verbracht hatte, sie die Testantworten auswendig lernen zu lassen (das ist nicht illegal, sondern normal), waren die Ergebnisse recht befriedigend. Wenn befriedigend hier das richtige Wort ist. Nein, eigentlich ist es nicht befriedigend, wenn man weiß, dass die Kleinen keine Ahnung hatten, was sie auf die Fragen geantwortet haben. Naja, ich habe mich damit abgefunden, was kann ich auch tun?
Das erste Aprilwochenende verbrachte ich in Chennai, mein erster einsamer indischer Ausflug. Trotz ernster Befürchtungen, die Nacht auf dem Boden mit meinem Rucksack als Kissen verbringen zu müssen, ich hatte echte Probleme in der nicht ganz kleinen Hauptstadt mit wahrscheinlich 1000000 Guesthouses ein Zimmer zu finden, fand ich irgendwann zu später Stunde doch noch eine Unterkunft, sogar mitbewohnerfrei. Gott, was war ich erleichtert, ich wäre wohl auch dort geblieben wenn eine Kakerlakengeburtstagsparty stattgefunden hätte...
Das war dann auch das Spannendste, was es zu meinem kleinen Ausflug zu erzählen gibt, es sei denn euch interessiert es mehr, dass ich noch shoppen war, in einem hübschen Park auf einer Bank saß, das Meer am Marina-Beach beobachtete und vor mich hin träumte und super Essen verspeiste. Wenn es Wünsche zu näheren Erleuterungen gibt, bitte melden.
Nach diesem netten Wochenende startete die letzte Schulwoche und ich war wieder damit beschäftigt, Examen zu korrigieren.
Die Schulzeit endete mit dem Annual-Day. Es wurde eine Bühne auf dem Schulgelände errichtet, Stühle davor plaziert und abends startete dann das kleine Abschlussprogramm. Die Schüler tanzten, zugegebenermaßen die meisten nicht ganz so gekonnt, sagten Verse auf, zugegebenermaßen etwas holprig und nicht ganz leicht zu verstehen, der Schulleiter versuchte sich als Moderator, zugegebenermaßen war das eine absolute Katastrophe und ziemlich peinlich, und zugegebenermaßen waren die meisten der Zuschauer unsere Schüler, die auf ihren Auftritt warteten. Passenderweise zu dieser perfekt inszinierten Show viel dann auch gleich drei Mal der Strom aus und wir mussten insgesamt etwas über eine Stunde auf Licht und Musik warten, wobei das den Ohren ganz gut tat.
Achja, ich vergaß, ich war natürlich auch ein wichtiger Teil dieses großartigen Jahrestages: kurz vor Start viel dem Schulleiter ein, dass ja der Hauptgast, der German-Prabhu, mein Organisationsleiter, verhindert war zu kommen und somit keine Rede halten konnte. Und da ein Annual-Day ohne Chiefguest mit Rede kein schön abgerundeter Annual-Day ist, wurde ich kurzerhand zum wichtigsten Gast geschlagen. Ich hatte dann auch noch ganze 5 Minuten Zeit eine schlaue Rede vorzubereiten. Ich stand etwas unter Druck:“...please Carina, we are going to start the programm now, can you please come, everyone is waiting...“ Das machte es natürlich um einiges leichter, nicht ganz dumme Sätze in gehobenem Zweitklässlerenglisch zu formulieren. Aber SuperCarina packte natürlich auch dieses Problem und erzählte den 1000 live-Zuschauern und den weiteren Millionen vor den Bildschirmen, wie schön sie es doch hier fände und schon jetzt traurig ist, dass ihr Indienjahr in nicht allzu ferner Zeit zuende geht. Tosender Applaus und ein gigantisches Präsent für mich als Dankeschön (eine Tonfigur). Nach dieser Oscarvorstellung genoss ich dann das Programm des Annual-Days, was zu meiner Freude und zur noch größeren Freude meines absolut leeren Magens ganze 3 Stunden ging. Aber: dieser Abend war der Startschuss für die Schulferien und soooo schlimm war er auch gar nicht ;)
Mit Ruth und Kristina verbrachte ich einen wunderschönen ersten Ferienurlaub in Hampi, einer Ruinenstadt. Wir kletterten in den Ruinen umher und versengten uns die nackten Füßen auf den Steinen mit Lavatemperatur, wir mieteten Fahrräder und fuhren wirklich schöne Alleen entlang, was mich natürlich gleich wieder an vergangene wunderschöne Ausritte erinnerte, wir pausierten in einsamen uralten Tempeln, und jaaaaa, wir machten auch Hochleistungssport, wir wanderten stundenlang in der sengenden Wüstenhitze ohne zu wissen mit welchem Ziel und ohne zu wissen ob es überhaupt ein Ziel, vielleicht in Form einer Fressbude oder einer Variation unseres Wanderweges, einer einsamen Straße, geben würde. Letztendlich erreichten wir dann doch ein Ziel und wir dösten auf Steinen vor einer Panoramalandschaft, märchenhaft!
Mein Hampi-Highlight war jedoch etwas anderes: ich ging auf alleinige Erkundungstour, kletterte zwischen Felsen und Kakteen umher und stand plötzlich vor einem kleinen Abgrund mit Blick auf Ruinen, die aussahen wie die ehemaligen Schauplätze von mittelalterlichen Ritterspielen oder brutalen Gladiatorenkämpfen. Irgendwo in der Ferne sang jemand mystische Verse und ich fühlte mich in eine weit zurückliegende Vergangenheit versetzt. Irgendwann setzte ich meine Wanderung fort und lief einen Märchenweg entlang, der über Bäche führte und in einer Bananenplantage endete. Man, Hampi war ein mystisches Erlebnis, was allerdings unmystisch mit dem Diebstahl meines Handys endete, das ich intelligenterweise in der Nacht vor das Loch im Moskitonetz unseres Fensters legte. Soviel Nichtnachdenken wurde bestraft und ich sollte mein Handy nie wieder sehen.
Sooo, jetzt kommen wir zu dem größten Aprilereignis, dem Besuch von Mama mit Nina und Ailen im Schlepptau.
Es war komisch, Mama das erste Mal wiederzusehen, weil ich auch keine Ahnung hatte wie ich reagieren würde. Es war dann doch recht enttäuschend, weil es einfach normal war, als wenn keine Zeit vergangen wäre. Ich war nur etwas erschrocken, wie schrecklich Mama aussah, kalkweiß und einfach grauenhaft, ja, meine Besucher waren etwas abgespannt, sie hatten den Flughafenausgang nicht gefunden und irrten stundenlang durch die Gegend.Ich, die, obwohl natürlich eine halbe Stunde zu spät angekommen, nochmal über eine Stunde warten musste, war schon etwas verunsichert, das Flugzeug war schon seit einigen Ewigkeiten gelandet. Was die Sache natürlich erschwerte war, dass ich keinen anrufen konnte (mittlerweile besaß ich dann auch ein neues Handy), ich dachte mir, dass man auf so etwas überflüssiges wie Telefonnummernaustausch doch auch gut verzichten könnte...Naja, letztendlich ging dann ja alles gut, mit Hilfe von Flughafenpersonal konnte Mama den Ausgang ausfindig machen(fragt mich bitte nicht, wie man das Riesenschild EXITmit den 100000 wartenden Personen davor übersehen konnte) und ich machte mich mit meinen drei Besuchern auf den Weg zu meinem Lieblingsurlaubsplatz, Mamallapuram am indischen Ozaen =) Der Weg dorthin war schon das erste Abenteuer und alle waren mega-gereizt und genervt und ich bereute schon, dass ich meine wertvollen Urlaubstage nicht anders verplant hatte. In meiner derzeitigen Verfassung hatte ich dann auch kein Verständnis mit Mama, die einen unglücklichen Platz im völlig überfüllten Bus einnehmen musste, nämlich den auf der untersten Treppenstufe, außerhalb des Buses. Nun hing sie also dort, von ihrem Zentnergepäck auf dem Rücken noch zusätzlich Richtung Straße und damit Unfall gezogen (tja, wer nicht auf mich hören will, und auf meinen wirklich sinnvollen und intelligenten Ratschlag, gaaaanz wenig Gepäck mitzunehmen, mit einem Riesenrucksack plus wahnsinnig unpraktischer Reisetasche landet...)und schrie mir so Dinge zu wie:“ Carina, och Mensch, ahhhh, bitte, ich kann nicht mehr, ich rutsch gleich ab, lass uns bitte aussteigen, ich, ahhhh, SCHEIßE mannnn, CARINA!!!!!!“ Ich verdrehte nur gereizt die Augen, ließ kluge Komentare fallen wie:“ Ja Mama, das ist nunmal so in Indien, sei 'mal ein bisschen tolerant, ist nunmal überfüllt hier, die hängen teilweise noch näher an der Straße als du jetzt, genieß doch das Abenteuer,...“ Gut, vielleicht hätte ich in dieser Situation etwas toleranter sein sollen, aber ich verstand ihre (vielleicht nicht ganz ungerechtfertigte)Todespanik absolut nicht. Letztendlich ließ ich mich jedoch erweichen, aber Gott, was war ich genervt, und wir fuhren mit einem völlig überteuerten Tuck-Tuck zur nächsten Bushaltestelle, wo wir in einen zum Glück leeren Bus stiegen, der uns zum Ziel brachte.
Dort angekommen und im wunderschönen Hotel mit Strandblick eingecheckt, entspannten Mama und Ailen im Bett und schliefen stundenlang und Nina und ich setzten uns ans Meer und ich erfuhr interessante Dinge ;)
Die Strandtage waren an sich sehr schön, jedoch war die allgemeine Stimmung etwas gedrückt, ich weiß auch nicht, ich war nicht sonderlich glücklich mit Mama und sie wohl auch nicht mit mir, kurz: es war alles wie immer zwischen uns.
Wir shoppten viel, lernten sehr nette Shopbesitzer kennen, badeten, machten Strandspaziergänge und genossen den dreckigen Strand mit den Kühen und Hunden =)
Nach einigen Tagen verabschiedeten wir uns von meinem Lieblingsort und machten uns auf den Weg nach Pallikonda zu meiner Familie. Arsi-Mutti freute sich riesig meine 2te Mami kennen zu lernen, und natürlich wurden meine Besucher von allen neugierig beäugt. Alles hätte schön werden können, wenn da nicht das Essen gewesen wäre...Leider, leider war und ist Mama kein Fan der indischen Küche (sogar die unschärfsten Dinge waren ihr zu spicey) und sie aß so gut wie gar nichts. Und das war ein großes Problem. Arsi-Mutti und Priya fühlten sich persönlich angegriffen, nichts macht sie stolzer als zu sehen, wie jemand voller Freude ihre gekochtes Mahlzeiten verspeist. Mama ist jedoch keine gute Schauspielerin und sie brachte nicht über sich mehr als ein Idli plus eine Prise Samba zu verspeisen. Auch Nina und Ailen aßen nicht die Mengen, die erwünscht waren undArsi-Mutti und Priya waren geschockt und gekränkt, Mama war genervt, super genervt, und ich versuchte die Situation zu verbessern indem ich immer wieder betonte wie lecker das Ganze doch sei und dass meinen Besuchern einfach die Übung im Essen fehlt. Naja, die Situation blieb angespannt, der meistbenutzte Satz war :“ why three member no eating, Carina, no like???feeling, Carina...“
Jap, die Situation war eine doofe und mir ging es auch absolut gar nicht gut. Ich war nunmal der Vermittler zwischen den Welten, musste übersetzten, erklären, und stand einfach noch mehr im Mittelpunkt als Normalerweise. Das und die angespannte Lage mit Mama endeten letztendlich in einem Nervenzusammenbruch und ich verbrachte einige Zeit eingeschlossen in meinem Kleiderschrankraum. Irgendwann ließ ich Mama herein, wir weinten beide ein bisschen und ein bisschen mehr und die Situation zwischen uns wurde sehr viel besser.
Das Essen, bzw. Nicht-Essen blieb ein Problem und ich glaube meine drei Besucher waren einfach nur erleichtert, als wir Pallikonda verließen um nach KGF zu fahren.
Aber es gab auch schöne Momente: alle waren begeistert von den Hundis und besonders Ailen verliebte sich in Kafleder. Aber auch Blacky kam nicht zu kurz und die beiden verlebten wohl ihre glücklichsten Stunden, soviel Aufmerksamkeit und Kuscheleien, das war ein Highlight für die Plüschis.
Wir verbrachten auch einen richtig schönen Abend mit Priya und sie zeigte uns Fotos, erzählte dazu passend von ihrer Hochzeit und der dazugehörigen Hochzeitsnacht. Ich wusste ja schon in etwa, wie das hier in Indien abläuft, aber meine Besucher waren geschockt. Auf die Hochzeitsfeier folgt die gemeinsame Nacht. In Priyas Fall: Sechzehnjähriges Mädchen schläft mit ihrem um einiges älteren Onkel, ob sie nun will oder nicht. Ich weiß nicht, in wie weit das Ganze an eine Vergewaltigung grenzt, denn an ein Nein ist einfach nicht zu denken. Sitten und Bräuche werden hier im Allgemeinen nicht hinterfragt. Es wird gelebt wie man zu leben hat und es wird nicht großartig darüber nachgedacht. Wer denkt auch schon darüber nach, warum Dinge sind wie sie sind, es ist einfach so.Punkt. Trotzdem, in der Hochzeitsnacht hatte Priya keinen Spaß, das erzählte sie auch ganz frei und hemmungslos. Keine Liebe in Indien, nur ein Folgen von Pflichten, grausam! Naja, wie auch immer, es war ein schöner letzter Abend mit Priya und am nächsten Morgen machten wir uns dann mit Tonnen an extra für Mama und Co. zubereiteten Knabbereien, ein Nein, das ist wirklich nicht nötig, wurde selbstverständlich nicht beachtet, auf den Weg nach KGF.
Auf die Busfahrt, in der coolerweise auch das ganze Programm abgespult wurde(:fast bekamen wir die Kurve am Berg nicht und wir rollten böse nah an den Abgrund heran, das war das erste Mal, dass ich doch leichtes Bauchkitzeln bekam. Später hielten wir dann an und es kam der Schweißer zum Einsatz, die Funken flogen, wahrscheinlich irgendein Problem an den Bremsen. Mama schoss die Fotos ihres Lebens), folgte ein Gammeltag, den wir dösenderweise in der Dunkelheit und Kühle des KGF Zimmers verbrachten. Später lief ich mit Mama in die Stadt und sie lernte unseren Lieblingsbäcker kennen. Am Abend kamen dann Ruth und Kristina und wir aßen alle zusammen, sogar Mama nahm wieder Nahrung zu sich, bisher hatte sie gefastet. Leider ging es Nina gar nicht gut und Ailen kränkelte auch, sodass ich am nächsten und letzten Tag mit Mama alleine nach Bangalore fuhr. Wir verbrachte einen wunderschönen Tag zusammen, die Stimmung war auch endlich 'mal super zwischen uns, das ist schon erwähnenswert. Mama kaufte völlig überteuert ein und wurde richtig böse, als ich mein mittlerweile erworbenes Können im Handeln unter Beweis stellen wollte (mein Gott, Carina, das ist nicht mal ein Euro, lass doch...)Gut,Gut, wer hat der hat...
Am Abend wurden die Drei dann von einem Taxi abgeholt, was ich, erlangter Weisheit sei Dank, in letzter Minute noch bestellt hatte und alle waren erleichtert. Der eigentliche Plan war gewesen, die Drei mit dem Zug zum Flughafen fahren zu lassen, was sicherlich in einer Katastrophe geendet hätte, Zeitdruck, kranke Nina, vollgepackt mit Tonnen an Gepäck und völlig überfüllter Zug, das hätte nicht gut gehen können...
Meine Mädchen flogen ab, ich machte mich wieder auf den Weg nach Mamallapuram und der April war beendet.

Freitag, 8. April 2011

zu meinem Maerzbericht

Also, da mich nun doch recht viele besorgte Anfragen bezueglich meines Berichts erreicht haben, das fand ich uebrigens unheimlich lieb von euch =), muss ich jetzt klarstellen, dass sich die Familiensituation wieder beruhigt hat. Rohit hat zwar einen Schuss, aber er hat mir nun offiziell den Frieden angeboten, es besteht also keine Lebensgefahr mehr :)
Schoen fleissig weiterlesen!=)

Montag, 4. April 2011

Ein sehr langer Maerzbericht voller Probleme!

Der Anfang des Märzes und auch die Mitte waren recht unspektakulär. In der Schule war ich damit beschäftigt, meinen 2-Standard auf das Final-Examen Anfang April vorzubereiten. Die Vorbereitung, wie es in meiner Schule so üblich ist, sieht folgendermaßen aus: die Fragen der Abschlussarbeiten aller Fächer werden, schon Wochen vor dem Examen, plus Antworten an die Tafel geschrieben, die Schüler schreiben sie ab und sind dann bis zu dem Finaltest damit beschäftigt, sie auswendig zu lernen. Wüssten sie die Antworten nicht schon, würden die Noten aller (auch die der Überflieger)unterirdisch ausfallen, ganz einfach deshalb, weil sie die Fragen nicht verstehen können! Ihr Englisch (auch das der Scüler des 4 und 5 Standards) reicht gerade einmal dafür, mich zu fragen, was ich zum Frühstück gegessen habe (alle Fragen, die sich ums Essen drehen sind beliebte Fragen, nicht nur bei den Schulkindern). Die Vokabeln der Testfragen übersteigen aber sogar oft mein Englischwissen und ich muss viel in meinem kleinen Lexikon nachschlagen. Würden die Schüler also nicht die passenden Antworten auf die jeweiligen Fragen auswendig lernen, sie säßen vor dem Testpapier, wie ich vor einer Tamilarbeit sitzen würde!
Es ist eine wahnsinnige, jedoch leider völlig sinnlose Leistung die die Schüler erbringen, wenn sie Wort für Wort teilweise wirklich langer Antworten auswendig lernen, plus, wie es geschrieben wird, also letzendlich lernen sie 100000000 von aneinandergereihten Buchstaben auswendig. Es ist so traurig, das mitanzusehen. Wenn sie ein gutes Buchstabengedächtnis haben, schreiben sie zwar eine gute Note (viele erreichen sogar die Höchstpunktzahl), das alles hat nur leider wirklich null Sinn, Wissen eignen sie sich nicht an, das Ziel, das eigentlich eine jede Schule vervolgen sollte. Anstatt ihnen also Englisch beizubringen, sind die Lehrer die gesamte Zeit damit beschäftigt, ihnen beim Ausweniglernen zu helfen und sie abzufragen, es ist ein Teufelskreis, denn es stehen alle paar Wochen Examen an, sodass kaum Zeit (höchstens ein Monat, wenn es sehr hoch kommt) für richtigen Unterricht bleibt. Würde darauf Wert gelegt und würden die Lehrer also anfangen richtig zu unterrichten, mit dem Ziel, dass die Kinder auch verstehen was sie lernen, die ersten Examen würden unterirdisch schlecht ausfallen, die Eltern würden denken, dass ihre Kleinen nichts an der Schule lernen, folglich würden sie sie die Schule wechseln lassen und die Schule könnte aufgrund eines schlechten Rufes schließen. Ich sehen keinen Ausweg.
Ich habe da auch mit meiner Nachbarin drüber gesprochen und zu meiner Erleichterung meinte sie, dass das nicht die Regel ist, normalerweise laufen die Examen wohl so ab wie bei uns, die Fragen sind unbekannt und die Schüler müssen sämtliche Dinge lernen, die sie in der Zeit zuvor durchgenommen haben. Wie die Englischmediumchulen es hier erreichen, dass die Kinder keine 0 Punkte Arbeiten schreiben, ich weiß es nicht, ich kann nur für meine Schule sprechen.
Es gibt Englischmediumschulen und Tamilmediumschulen. In Ersteren lernen die Kleinen nur aus englischsprachigen Schulbüchern und die Examen sind ebenfalls auf Englisch. Es gibt hier in der Gegend recht viele solcher Schulen, nur begegnete ich bisher kaum Kindern, die wirklich Englisch sprechen können. Schlussfolgerung: was lernen sie in der Schule, ist es so sinnlos wie ich befürchte, was haben diese Kinder für eine Chance in der Zukunft?
In den Tamilmediumschulen werden logischerweise tamilsprachige Bücher benutzt und die Examen sind wohl ebenfalls auf Tamil. Von diesen Schulen weiß ich aber nicht viel, wie es da mit dem Verstehen der Kleinen von dem Unterrichtsstoff aussieht, keine Ahnung. Ich denke aber, dass wenn die Lehrer es geschafft haben, ihnen Tamillesen beizubringen, diese Art der Schulform sinnvoller ist, weil sie dann ja verstehen was sie lernen.
Beim Schreiben über die allgemeinen Schulverhältnisse hier (das gilt allerdings nur für Dorfschulen, in den größeren Städten wie Bengalore oder Chennai, kann fast jeder Englisch sprechen, auch die Kinder), habe ich nun recht viel interpretiert, vielleicht lag ich auch mal daneben, Fakt ist, dass die Kinder auf meiner Schule so gut wie nichts an Wissen lernen. Ich befürchte, dass es meinem Schulleiter nicht um die Zukunft der Kleinen geht, sondern ausschließlich um das monatliche Bezahlen des Schulgeldes der Eltern (das klappt allerdings auch nicht unbedingt gut)
In meiner Schule ist aber auch was Konkretes passiert: der einzig englischsprachigen Lehrerin und mir ist es verboten worden, miteinander zu sprechen. Sie musste mit ihrer Klasse in ein seperates Zimmer umziehen, erst dachte ich, der Schulleiter veranlasste das, damit ein bisschen Ordnung in das Chaos gebracht wird, hinterher erfuhr ich in einem Satz von der Lehrerin den wahren Grund, dass wir nicht mehr miteinander reden dürfen. Ich war etwas verwirrt. Mehr war aber nicht aus ihr herauszubekommen, sie hatte wirklich Angst, vor den Augen der anderen Lehrer mit mir gesehen zu werden, wohl weil sie befürchtete, an den Schulleiter verpetzt zu werden und das Verhältnis zwischen den beiden ist nicht das allerbeste. Nach einer Lehrerversammlung (ab und zu müssen wir uns alle im Lehrerzimmer versammeln, dann redet Umapathy stundenlang auf Tamil, ich verstehe nichts, muss aber dabeisitzen Es ist, als ob er Macht ausspielen möchte) erzählte sie mir einmal, dass er gesagt haben sollte, wenn sie wieder nicht gehorcht, würde er ihren Kopf nehmen und gegen die Wand schlagen. Ich muss nicht sagen, dass ich das krank finde!
Meena (die besagte Lehrerin) war schon vorher nicht gut auf Umapathy zu sprechen, er bezahlt, wenn überhaupt, das Gehalt nur nach 1000maligem Nachfragen und auch dann erst nach Monaten. Mittlerweile soll Meena zwar das Geld für November, Dezember und Januar bekommen haben, bis dahin war es aber der reinste Überlebenskampf. Mit ihrer Familie ist sie zerstritten, sie wird von ihrem Bruder geschlagen, psychisch bekämpft (er benutzt auch ihre geliebte Hundebabys um sie zu quälen)und sie bekommt nichts zu Essen. Folglich musste sie bei Nachbarn betteln und sie hungerte sogar ein paar Tage. Sie ist bis auf die Knochen abgemagert und oft habe ich ihr was zu Essen mitgebracht und ihr Geld gegeben, ganz einfach weil ich Angst um ihr Leben hatte! Eine Zeit lang weinte sie auch jeden Tag in der Schule und erzählte mir, als es uns noch erlaubt war zu kommunizieren, von ihren Sorgen und ihrem Leben ohne Freude. Wenn sie nicht so viel Kraft aus der Bibel und der Kirche ziehen würde, ich glaube, sie hätte sich umgebracht.
Ich sprach Umapathi daraufhin auf diese Geldgeschichte an und fragte ihn, warum er das Gehalt nicht auszahlt. Das Problem ist, dass viele Eltern einfach das Schulgeld nicht bezahlen und er schon große Probleme hat, die Miete für das Schulgebäude zu zahlen.
Ich hätte es aber mal lieber bleiben lassen, mit ihm darüber zu reden, denn seitdem muss Meena leiden. Wie gesagt, wir wurden räumlich getrennt, dürfen nicht mehr reden (erfuhr ich nur durch Meena, mir gegenüber ist Umapathi schleimig und grinst etwas zu viel, wie sollte er mir dann erklären, dass er mir etwas verbietet, noch dazu etwas so elementares und normales wie Reden, denn folglich habe ich in der Schule niemanden mehr, mit dem ich mich unterhalten kann) und sie erzählte mir (dafür kam sie zu mir nach Hause!!!!, sie hält sich an sein Verbot), dass er sie wüst beschimpfte weil er der Meinung ist, dass sie meine Meinung über ihn verfälscht, mich schlecht über ihn denken lässt, sie mich also schlecht beeinflusst. Das stört ihn nicht weil er mich so sehr liebt oder mag, nein, Meena erzählte mir, dass er nun Angst hat, dass ich ihm, nach dem Ende meiner Arbeit an seiner Schule, kein Geld geben werde. Anscheinend erwartet er Geld von mir, wofür auch immer, angeblich will er wohl ein neues Schulgebäude bauen lassen. Ich war etwas verdattert, davon hatte ich noch nie gehört. Mal sehen, was kommt. Aber eines ist klar: ich werde diesem Menschen kein Geld geben, nicht aufgrunddessen was mir erzählt wird, mittlerweile konnte ich mir auch mein eigenes Bild über ihn machen und keiner trägt die Schuld, dass ich schlecht über ihn denke!
Soviel zur Schule, nun zu einem weiteren Problem. Ein großes Problem.
Ich habe einen riesen Streit mit Rohit, dem 12 jährigen Sohn von Priya. Alles fing vor 2 Wochen an und natürlich ging es wieder um Blacky und Kafleder, die beiden Hunde. Rohit kam auf meine Terrasse, nahm meinen geliebten Kafleder und meinte, er hätte nun keine Lust mehr auf den Hund und würde ihn weggeben. Ich sagte, das solle er bitte bleiben lassen (alles in unserer Englisch/Tamil/Gebärdensprache), er ignorierte mich und ging. Ich also hinterher, nahm das Hündchen und ging wieder hoch, zu Rohit meinte ich, er solle bitte unten bleiben. Jetzt fing es an ihm Spaß zu machen und er kam langsam wieder hoch. Nach 10maligem Auffordern, mich bitte auf MEINER Terrasse alleine zu lassen verlor ich die Geduld und schrie ihn auf deutsch an. Daraufhin kam er mit einem Messer hoch. Ich sagte nichts mehr, schnappte mir die Hunde und sperrte mich auf meinem Zimmer ein. Das Kind schmiss mit Steinblöcken gegen meine Tür und schloss die Tür auch von außen ab, sodass ich nun eingesperrt war. Ich war reichlich geschockt, rief meine Nachbarin an und ließ mich retten. Zwar schimpfte sie etwas mit Rohit, belächelte es aber und meinte, ach, er ist doch nur ein kleiner Junge. Dieser kleine Junge starrte mich nun, da er wegen mir leicht ausgeschimpft wurde, voller Hass an und ich ahnte schon, dass das noch Konsequenzen haben wird.
Nochmal zur Erklärung, nicht dass ihr denkt, ich würde aus einem kleinen-Jungen-Spiel einen doppelten Elefanten machen: kurz vor unserem Streit rannte er mit einem riesigen Kokosnuss-aufschneide-Beil auf meine Arsi-Mutti los, ich war dabei, und sie musste die Tür zuknallen und verschließen, ebenso die Fenster, und das war kein Spaß! Ich war ich entgeistert. Sie sagte da aber nichts zu, was soll sie auch machen.
Ich finde nicht, dass das ein normales Spiel eines 12jährigen Jungen ist!
Nun aber wieder zu unserem Streit.
Seit diesem besagten Samstag vor 2 Wochen, lässt er keine Möglichkeit aus, mich zu dissen. Sieht er mich, spuckt er auf den Boden, schreit mich ununterbrochen auf Tamil an(die bösen Wörter die er auf Englisch kennt benutzt er natürlich auch), droht, mich zu schlagen, wenn ich feudel macht er alles wieder dreckig, und so weiter (alles vor den Augen der Familie, außer:“ey, Rohit“, passiert aber nichts)
Ich weiß, das klingt lächerlich, er ist ein 12 jähriges Kind, trotzdem ist es wahnsinnig anstrengend. Ich ignoriere einfach alles was er tut, das interessiert ihn jedoch leider null, er macht trotzdem weiter, er hat zuviel ungenutzte Energie und da bin ich ein willkommenes Ventil.
Das allergrößte Problem ist aber, dass er Respakt vor niemandem aus der Familie hat! Neulich, ich ging mit Priya spazieren, kam er hinter uns her, griff sie von hinten an, kniff sie in den Hals und riss ihr an den Haaren, sie hatte wirklich Schmerzen! Konsequenzen hatte sein Gehabe jedoch nicht, sie drohte einmal mit der Hand, er lachte und rannte weg. Auch vor den Männern der Familie hat er keinen Respekt, was ich bis jetzt immer angenommen hatte. Priya erzählte mir, dass das Kind in den Hungerstreit trat, 4 Tage nicht aß, weil er die gewünschten Schuhe nicht bekam. Letztendlich kam Priyas Mann wohl auf Knien angekrochen, bat um Verzeihung und kaufte die Schuhe. Seinen Großvater disste er gestern Abend, indem er ihn mit Stöckchen in den Bauch puffte. Die einzige Reaktion ist ein beschämtes Lächeln und die Aussage: „Rohit mental“. Keiner hat Kontrolle über dieses Kind. Weiter erzählte mir Priya, dass sie möglichst wenig zu ihm sagt und neutral ist, aus Angst, er könnte irgendwie ausrasten. Einmal ging sie zur Schulleiterin, erzählte ihr alles, die schlug Rohit und das Ergebnis war, dass er abends heimkam und Priya bedrohte.
Die einzigen vor denen er Respekt hat, sind die Nachbarin, (gleichzeitig seine Nachhilfelehrerin) und seine Lehrer. Praveena tut aber alles, was ich ihr über meinen Streit mit ihm erzähle, als Kindergehabe ab und die Familie würde niemals zu ihr gehen und um Hilfe bitten, sie schämen sich dafür. Aber selbst wenn sie doch alles erzählen würden, es würde wohl dasselbe Ergebnis bei herauskommen wie nach dem Gespräch Priyas mit der Schulleitung. Abends sind wir wieder mit Rohit alleine und er hat freie Bahn.
Er hat noch eine weitere tolle Möglichkeit gefunden, mich zu quälen: er benutzt, ganz wie Meenas Bruder, die Hunde. Er tut, als ob er ihnen die Kehle durchtrennt (ich bin mir nicht sicher, dass er das nicht auch irgendwann tut), schlägt sie mit Stöckern, zieht sie an einer rostigen Kette durch die Gegend, hält sie an den Hinterbeinen in der Luft und schleudert sie herum, dass sie Fiepen. Ich bin machtlos. Wenn ich eingreifen würde, könnte ich sie vielleicht für den Moment schützen, das nächste Mal würden aber noch schlimmere Dinge passieren. Ich sitze also still daneben, in der Hoffnung dass ihm langweilig wird, was jedoch nicht der Fall ist, er weiß, wie sehr ich an den Hunden hänge, da brauche ich gar nicht zu reagieren.
Ich war schon wirklich verzweifelt und weiß keinen Ausweg.
Auch meine Arsi Mutti hat einen großen Streit mit ihrem Mann. Es geht darum, dass sie im Moment nicht viel arbeitet, weil sie vor 2 Monaten die OP hatte und sich noch etwas schont. Stattdessen sitzt sie häufiger draußen mit ihren Freundinnen und klöhnt. Das findet mein Appa aber anscheinend nicht witzig, seiner Meinung nach hat sie zu Arbeiten, und nicht zu genießen. Außerdem behandelt sie ihn wohl nicht mit dem nötigen Respekt, den er erwartet (ich gebe alles so wieder, wie ich es mir aus verschiedenen Erzählungen von Priya und Arsimutti zusammengereimt habe). Er sagt nun ständig zu ihr, dass sie sterben soll und beschimpft sie auch anderweitig. Neulich musste Priya die Türen und Fenster verschließen, ihn einsperren, weil er sonst Arsi-Mutti angegriffen hätte, ich saß daneben. Ein paar Tage lang war Arsi-Mutti völlig depressiv, lag nur im Bett und ich erfuhr außerdem, dass sie von ihm vor 5 Jahren so schlimm zugerichtet wurde, dass sie am Auge genäht wurden musste. Vor noch längerer Zeit, als ihre Kinder noch Babys und Kleinkinder waren, gehörten Schläge zur Tagesordnung.
Sie erzählten mir auch, dass es einigen Nachbarinnen genauso geht, aber was sollen sie tun.
Auf meine Frage, wie es denn mit divorces aussieht, lachten Priya und Arsi-Mutti nur.
1. Was denken die anderen (ist ihnen sehr sehr wichtig)
2. Sie ist finanziell völlig abhängig
3. Wo soll sie hin
4. Einer Frau in Indien ist es, nach allem was ich so mitbekomme, verboten, sich alleine eine Wohnung zu nehmen (und wovon auch, ohne Geld)
5. Der Gedanke einer Scheidung passt so gar nicht in ihre Mentalität, er ist sowasvon abwegig, wie der Gedanke, auf den Mond zu schwimmen
6. Frauen sind es gewohnt, alles einzustecken und runter zu schlucken, es ist normal
7. Frauen begehen eher Selbstmord um von ihren gewalttätigen Männern zu entkommen(Priya erzählte mir auch davon, sie ist ja Polizistin), als die oben genannten Probleme irgendwie anzugehen. Der Mann wird dann für einige Zeit weggesperrt und dann wird wieder geheiratete

Das Ende des Märzes war also ein völlig neuer Blickwinkel auf die indische Kultur. Ein nicht schöner zwar, aber ich habe das Gefühl, richtig in das indische Leben einzutauchen.
Trotzdem möchte ich eigentlich keine 4 weiteren Monate von einem kleinen Jungen gemobbt werden, ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll.

Donnerstag, 10. März 2011

ein affe auf dem kopf ^^





es war zuuu witzig ^^

Februarbericht

Es ist unglaublich, unglaublich, unglaublich....Jetzt schreibe ich den Februarbericht und das bedeutet, dass ich wirklich ein halbes Jahr in Indien bin...UNBELIEVABLE!!!!Und nicht dass ihr denkt, dass die zweite Hälfte meines Jahres langsamer vorbeigeht, im Gegenteil, es fliegt dreifach so schnell. Dass ich das schon beurteilen kann liegt daran, dass wir bereits (unglaublichwerweise)den 9 März haben, jaaaa, ich war etwas faul :) Sooo, jetzt aber endlich los:

Den Anfang des Februars verbrachte ich damit, mich meiner Nachbarin weiter anzunähren. Mittlerweile sind wir echte Freundinnen geworden, was meinem Englisch und meiner Seele vedammt gut tut. Fast jeden Tag sitze ich nach der Schule einige Stunden bei ihr und ihrem Mann (in Indien wäre es abnormal, mit 25 noch ledig zu sein...)und wir quatschen uns durch den gesamten Themenhorizont. Meine Familie sieht das allerdings sehr ungerne und jedesmal muss ich mich rechtfertigen, wenn sie sehen, wie ich mich versuche unbemerkt aus dem Haus zu schleichen (ist unmöglich). Zerknautschte Gesichter sind die Folge, ab und an kommt auch ein Spruch wie z.B: You my daughter no?(Arsi-Mutti)oder: friends no Carina, very bad girl (Priya). Wenn ich nach meinem kleinen Ausflug wiederkomme, sind die zerknautschten Gesichter zwar noch da, da Inder aber nicht nachtragend sind, verschwinden sie nach ca.3 Sekunden wieder und ich werde nicht aus der Familie verstoßen =)
In der Schule wurde gleich in einer der ersten Februarwochen 'mal wieder Examen geschrieben, und ich vertrieb mir die Zeit damit, die Klausuren zu korrigieren (es wird natürlich nicht noch 'mal überkorrigiert, was ich als Note hinschreibe, ist Gesetz...Übertragt meine Situation 'mal auf Deutschland: ein sehr durchschnittlich begabter Mensch aus einem fremden Land kommt in eine Schule, macht mit den Klassen was er will, und einfach alles wird bejubelt. Tja, ich glaube, das ist eine Vorstellung fernab der Realität, aber egal, hier bin ich der Held ;))
Nach dem Examen habe ich mein spoken-English fortgesetzt, habe Vokabeln vorgebellt, vormiaut, vorgemuht, habe sie vorbellen, vormiauen und vormuhen lassen und, was die Kleinen ganz ganz klasse fanden, habe mit ihnen Galgenmännchen gespielt, das ist das Highlightspiel. Was sie auch lieben (sie lieben es sogar mehr als malen), ist Memory. Für ihr Examen müssen sie viele Opposites und Meanings können, und da bietet sich dieses Spiel natürlich an. Schwierig ist es allerdings, wenn die Kleinen nicht lesen können...Apropos Lesen:
Ich habe versucht, dem kleinen Buvanish Lesen beizubringen und bin an meiner Engelsgeduld gescheitert. Einmal war ich eine Rakete, die vor dem Start explodiert ist, trotzdem noch fliegen konnte, und noch 10 weitere Male Bombe spielte (okay, dieses Beispiel ist vielleicht nicht sehr gut, aber ich habe meine Gefühle sprechen lassen). Alles lief ganz gut (er gab sich viel Mühe, deshalb lies ich mich von meinen schon leicht strapazierten Nerven nicht beeinflussen), bis wir zu dem Wort „Yesterday“ kamen...
Erst lies ich ihn die Silbe „day“lesen, klappte wunderbar, das Wort kennt er. Bei „Yester“ tat er sich ziemlich schwer, und ich half ihm, und sprach jeden Buchstaben in Zeitlupentempo vor:“YyyyyEeeeeeSssssssTtEeeeeeeeRrrrrr“. Schnallte er nicht. Ich las es noch 10 weitere Male vor: Nichts, nur verständnislose Blicke. Ich atmete einmal tief durch und machte es etwas einfacher, ich sprach das Wort in Silben aus: Yes-ter-day. Nichts. Ich tat es noch einmal.Nichts. Ich tat es noch einmal. NICHTS(erste Explosion). Ich sprach die Silben schneller aus. Nichts. Ich sprach sie noch schneller aus: NICHTS. Ich sprach das ganze Wort an einem Stück aus: „Buvanish, listen:Yesterday. Now tell me, what is this word?“
Und dann kam die Antwort, die mich (Rakete) 10 Mal Bombe spielen lies: „Tomorrow“?! KNALLLLLLL. Das ist kein Scherz, er sagte es wirklich. Seitdem mache ich eine Pause vom Lesen-Beibringen.
So viel zur Schule.
Was noch passierte: Arsi-Mutti wurde operiert. Nach wirklichen Ewigkeiten bekam ich auch heraus warum: in ihrer Gebärmutter hatten sich Zysten gebildet (wohl schon vor etlichen Jahren), und die mussten nun, da sie endlich entdeckt wurden, schnell entfernt werden. Die gesamte Familie (ich natürlich eingeschlossen) wartete während der OP, es war abends und ich stellte mich schon auf eine Nachtschicht mit einem unbefüllten Magen ein, es dauerte dann aber nur ca.1,5 Stunden. Alles lief gut und während sie aufwachte, zeigte uns ein Arzthelfer die Zysten. Das war gruselig, sie waren wirklich irre groß, Faustgröße. Jetzt erfuhr ich auch, dass ihr die gesamte Gebärmutter entfernt wurde (ist verdammt schwer, sowas 'rauszukriegen, ohne viele Wörter benutzen zu können).
Arsi-Mutti blieb noch ca.10 Tage im Krankenhaus (mit starken Schmerzen) und wir alle besuchten sie regelmäßig, sie wurde rund um die Uhr bewacht. Ich könnte jetzt noch viel über die große Anteilnahme sämtlicher Freunde und Familienmitglieder schreiben, aber das würde zu viel Text werden. Ich sage nur: es wird sich mehr um einen Patienten gekümmert, als ich es in Deutschland jemals gesehen habe. Die Familie ist hier einfach alles und eigene Ansprüche werden gnadenlos vergraben. Priya schob Nachtschichten bei Arsi-Mutti, bekochte trotzdem alle anderen Verwandten, schmiss 2 Haushalte gleichzeitig und das alles, ohne auch nur ein einziges Mal zu jammern, beeindruckend!
Mittlerweile geht es Arsi-Mutti wieder besser. Sie befindet sich noch in der Schonzeit und darf nicht arbeiten, was heißt, dass Priya nach wie vor alles managed (ich helfe natürlich ;)) Arsi-Mutti bekommt jeden Tag Besuch und meistens wird Obst mitgebracht, was bedeutet, dass ich mir um meine Vitamine keinerlei Sorgen machen muss, denn es ist immer noch Arsi-Muttis Lieblingsbeschäftigung, mich mit Essen zu stopfen.
Zu meiner Figur: Ja, ich habe zugenommen, jaaa, ich habe 7 Kilo zugenommen, ABER: ich bin auf dem Wege der Besserung, das Essen hat seinen Reiz verloren und ich habe jetzt andere Beschäftigungen gefunden (Nachbarin ;)). Überhaupt, ich weiß wirklich nicht mehr, wie es sein kann, dass ich am Anfang so viel Langeweile hatte. Ich komme nicht mehr dazu ein Buch zu lesen und bei meinen abendlichen Filmen schlafe ich oft ein, weil ich erst so spät in mein Zimmer spaziere...
Im Februar haben mich Ruth und Kristina (unsere beiden Krankenschwestern)das erste Mal besucht und waren von meiner Familie begeistert. Allerdings mussten sie sich gegen die Tonnen an Essen wehren, die ihnen aufgezwungen wurden. „Neins“ wurden missachtet und es wurde nachgefüllt und nachgefüllt, sie hätten für 10 Jahre im Vorraus essen können...
Mit den Beiden habe ich dann auch noch ein Wochenende (wir sind am Ende meines Berichts angekommen, es war das letzte Februarwochenende) in Pondicherry verbracht. Um es einmal in Stichworten zusammenzufassen: Es war wahnsinnig schön, ein Strandort, es gab viele weiße Touristen (viele Franzosen, es gab ein französisches Viertel), wir shoppten Klamotten zu lächerlichen Preisen ein (z.B. erstanden wir ein Orsey-T-Shirt für umgerechnet 3 Euro, was ursprünglich 29 Euro kostete), wir übernachteten die erste Nacht in einem Mückennest und die zweite Nacht teilten wir unserer Zimmer mit einer Badezimmer-Kakerlake. Der Schlauch des Waschbeckens machte sich nicht die Mühe in der Wand zu stecken, er endete einfach auf dem Boden, sodass unser Dreck-Hände-Wasch-Wasser ebenfalls dort landete...Aber das nahmen wir gerne in Kauf, wir hatten keine summenden Höllenmitglieder und das ist verdammt viel Wert!
Zum Abschluss erzähle ich euch noch von dem absoluten Februar-Highlight: Pascals Eltern kamen zu Besuch und sie brachten etwas mit... ein....DEUTSCHES FRÜHSTÜCK!!!!!! Es gab KÄSE, es gab NUTELLA, es gab MARMELADE und ECHTES BROT. Es war unglaublich, es war eine Ecke des Himmels und ich aß 6 Scheiben ECHTES BROT...

Der Februar war ein sehr schöner Monat, der Schönste bisher, und ich kann sagen, dass ich noch mehr in Indien angekommen bin, aller Anfang ist schwer ;)

Sonntag, 6. März 2011

In Tiruvannamalai





Kristina und ich haben einen neuen Style =)
ein sehr ashramig aussehender mann vor einem ashram
und tiruvannamalai von oben (wir kletterten auf einen berg=))