Dienstag, 14. September 2010

Tag 11, erster Ausflug

Der Tag startete wie der eines abgeklärten, nicht zu erschütternden Farmers:
früh und mit einem anständig eiskalten Duschgang an einem kalten Morgen (auch in Indien gibt es Temperaturen unter 20 Grad, gefühlt zumindest). Damit enden die Gemeinsamkeiten dann auch, wir gingen nicht an die harte Morgenarbeit, sondern dudelten enspannt (wir hatten viel zu viel Zeit, sind viel zu früh aufgestanden...)zur Bushaltestelle. Geplant: eine Fahrt nach Bangapet, um von dort mit einem anderen Bus nach Bangalore zu touren (Hauptstadt Karnatakas und unser Ankunftsort). Unser Bus zum ersten Ziel war ziemlich normal. Zwar fuhr er natürlich mit offenen Türen und ich glaube kaum, dass er irgendeinem deutschen Sicherheitsstandart entspricht, aber sonst gibt es über ihn nichts interessantes zu erzählen. Unser Umsteigebus nach Bangalore war da schon cooler. Ein Partybus. Bunt geschmückt mit Lichterkettchen und zwei Fernseheapparaten, deren Lautstärke glaube ich auf Anschlag gedreht war. Man war das laut, nichts gegen unsere Discos...Nach der Hälfte der Fahrt (wir fuhren ca.2,5 Stunden) hatte aber jemand erbarmen mit uns und drehte die Geräusche (darunter welche, die wohl auch Fledermäuse gehört hätten) dieses schrecklichen Filmes leiser. Daraufhin schlief ich den Rest der Fahrt.
Angekommen ging es ans Schoppen. Man braucht hier schon mehr zum Wechseln als 2 Hosen und 5 T-Shirts. Die Temperatur ist zwar konstant angenehm, aber trotzdem bist du oft am Schwitzen, folglich stinkt alles sehr schnell. Abgesehen davon brauche ich Abwechslung von meinen roten T-Shirts (wie kann man auch so horstig sein und fast nur rotes Zeug einstecken...). Ergebnis des Einkaufs: ein blaues recht indisches Oberteil plus eine orange Leggins, passend dazu. Sehr chic :)
Es folgte ein Mittagssnack, ein „Sandwich“, bestehend aus drei übereinander geklappten Toasts mit einer halben Scheibe Käse, drei Tomaten- und zwei Gurkenscheiben. Aber wenn es ums Essen geht, habe ich keinerlei Anspruch (ich esse ALLES zu jeder Zeit) und so hat es dann auch etwas geschmeckt.
Weiter ging es mit einem meiner geliebten Tuck-Tucks, es ist wirklich witzig, zu 5t auf einer Rückbank zu sitzen, die für maximal drei schlanke Personen ausgelegt ist ^^, zu einem Park. Park klingt super dachte ich, und stellte mir ein lauschiges Naturplätzchen vor. Es war dann auch ganz nett, ein paar Bäumchen mit Erdhörnchen drauf gab es. Das pure Naturerlebnis war es dann aber doch nicht. Zu müllig, zu menschig und zu normal. Ein deutscher Park inklusive viel Dreck und vielen Leuten. Zeitweise kam ich mir vor, wie eine hübsche, auf einer einsamen Lichtung im Wald im untergehenden Sonnenlicht stehende Eiche mit einem grünen Eichhörnchen drauf. Ständig wollte uns jemand fotografieren. Einige sparten sich das Fragen und taten es einfach heimlich. Wenn du willst, kannst du dir einbilden, dass du ein Promi oberster Liega bist. Aber abgesehen vom Parkerlebnis, fallen wir in Bangalore weniger auf als bei uns in Kolar Gold Fields. Die Menschen sind viel westlich gekleidet und verhalten sich auch so. Z.B liefen einige Pärchen händchenhaltend durch die Gegend, was in den Dörfern, die das echte indische Leben repräsentieren, ausgeschlossen ist. In Bangalore gibt es sogar Subway und Mc Donalds, nicht sehr indisch ;)
Sehr indisch war dann allerdings der Tempelbesuch. Nach langem Suchen fanden wir den Bulltempel und waren geschockt über die Menschenmassen. Als Weiße hatten wir jedoch den Vorteil, dass wir nicht stundenlang (es wäre wirklich stundenlang gewesen) anstehen mussten, sondern gleich hinein durften. Jetzt kann man sich natürlich fragen, ob es richtig ist, diese Bevorzugungen auszunutzen, oder wie würden wir uns in Deutschland fühlen, wenn Menschen, nur aufgrund einer anderen Nationalität, wie Könige behandelt werden. Gut, wir taten es trotzdem und wurden in die Schlange hineingeschoben. Es war ein bisschen wie in der Mensa. Teller (hier war es etwas Blattähnliches)in die Hand, weitergehen, Essen draufgeklatscht (gewürzter Reis mit irgendwelchen Beilagen in der Soße), weitergehen, noch mehr Essen draufgeklatscht (Zuckerbällchen und Nüsse), weitergehen. Wir hatten die Befürchtung, dass wir dieses lecker aussehende Mahl opfern müssen, ich verabschiedete mich also in Gedanken schon von einem Abendessen. Falsch gedacht, wir durften es essen. Scharf und sehr lecker, es kam aber trotzdem nicht gegen unseren halben Maiskolben an, den wir vorher als Snack auf der Straße gegessen hatten. Satt und zufrieden bahnten wir uns unseren Weg zurück durch die Massen zu unseren Schuhen, die wir vorher ausziehen mussten. Der Tempelabstecher bestand also aus dem Essen, einer geschmückten Kuh-Skulptur, einem kleinen Markt im Hof des Tempels und vielen vielen hübsch gekleideten Menschen.
Bald ging es im Tuck-Tuck zum Bahnhof. Und damit beginnt der spannendste Teil des Tages. Zugfahren. Dieselbe Menge an Menschen im Bahnhof wie vorm Tempel, dauerte es erstmal etwas bis wir unsere Fahrkarten kaufen konnten. Aus ihnen ging dann leider nicht hervor zu welchem der 1000 Gleise wir mussten, aber Pascal, unser Indienführer, bekam es dann nach stundenlagem Fragen, hin- und herlaufen und noch mehr hin-und herlaufen heraus und so standen wir am richtigen Gleis, mit uns 10000000 andere Menschen. Ich habe gezählt, es waren wirklich 10000000. Der Zug kam und alle von diesen 10000000 Personen wollten gleichzeitig, verteilt auf vielleicht 10 Eingänge, hinein. Geschoben durch die Masse, landete ich irgendwann sogar wirklich im Zug. Ich war so sicher gewesen, nicht mehr hineinzupassen. Aber ich habe etwas gelernt: wenn du glaubst dass kein Einziger mehr hineinpasst, passen noch 10 Weitere. So fuhren wir dann 2 Stunden, eingekeilt zwischen alten und jüngeren Männern (keine Ahnung wo die Frauen waren), in der Nähe der offenen Tür (sehr gefährlich, bei dem Gedränge ist es nicht ausgeschlossen hinauszufallen) und der Toilette (ein Glück waren die Zugtüren auf).
So viele gesprächsfreudige Inder um einen herum, blieben die Gespräche natürlich nicht aus. Es ist zwar langweilig, ständig dasselbe zu erzählen (where are you from?, how is the stay in India?, you like the foot? what are you doing?...), aber so versuche ich zu lernen, wie man das Inderenglisch versteht. Ein paar Sätze von meinem Gesprächspartner habe ich dann auch verstanden. Yes, ein Erfolgserlebnis, es ist aber auch frustrierend, ständig die Schultern zucken zu müssen.
Die 2 Stunden gingen schnell vorbei, ich frage mich warum, die Stehposition war nicht sehr bequem und ich hatte ständig Angst, zerquetscht zu werden. Aber wahrscheinlich waren die Eindrücke wieder so stark und es passierte auch immer irgendwas. Neue Leute stiegen ein, keiner aus, es wurde gedrängelt (dauernd wollte jemand auf das Klo, es hangelte sich sogar ein sportliches Kerlchen von seinem Platz auf der Gepäckablage über uns herüber zur Toilette. Scheint echt dringend bei einigen Personen zu sein...), geredet, geschwitzt und irgendwann kamen wir dann an.
Normal soll der Zug-Zustand aber nicht gewesen sein, es lag wohl hauptsächlich an einem Feiertag (in Indien gibt es allerdings immer irgendeine Person, einen Gott oder sonst etwas, das gefeiert wird)
Die Busfahrt zurück nach Kolar Gold Fields stand im Gegensatz zur Zugfahrt. Ich stand in der offenen Tür und lies mir den Fahrtwind (es war eine schnelle Fahrt in einer regnerischen Nacht) durchs Gesicht und Haare pusten.
Um halb 12 waren wir dann Zuhause und beendeten den schönen Tag mit dem Essen einer Papaya.

Negativstes Erlebnis
- Angst zerquetscht zu werden oder eines anderen ähnlichen Todes zu sterben
- der Gestank im Zug

Positivstes Erlebnis:
- der restliche Tag
- besonders eine tolle Tuck-Tuckfahrt im Dunkeln (zum Bahnhof in Bangalore)
- die Zurück-Busfahrt

Tag 10, Huehner

Mein Tag startete um 7.15 Uhr (!!!!!!!!)(!!!!!...)
Erklärung: keine Ahnung, ich konnte einfach nicht mehr schlafen.
Meine Mitbewohner schlummerten natürlich noch, was bei der Uhrzeit mehr als verständlich ist. Ich, hellwach, schnappte mir mein Buch, setzte mich nach draußen und las es durch, man beachte: englischsprachig!
Aber eine neue Herausforderung wartet: sehr zu meiner Freude haben Ex-Freiwillige einige englische Bücher hier gelassen, darunter Harry Potter and the Deathly Hollows. Ich hatte mich sooo geärgert, genau das nicht eingesteckt zu haben. Yes =) Ich habe auch das Gefühl, dass ich langsam ein Feeling für das Englische entwickle.
Zusätzlich zu meinem Muskel-Körper-Ziel habe ich so nun auch ein zurückkommen-und-fast perfekt-Englisch-sprechen-Ziel. Wenn ihr Pech habt, werde ich meine Berichte also in naher Zukunft nicht mehr auf deutsch schreiben ;)
Als Beilage zum Frühstück gab es ein klärendes Gespräch mit meinen Mit-Volunteers. Ergebnis: so etwas wie ein Neuanfang, ein Jahr kann sonst böse lang werden. Mit dadurch erreichtem neuen Elan, dudelten wir so durch den Tag. Als körperliche Bewegung kann ich heute zusätzlich zu meinem Sport (ich bin schon irre gelenkig geworden, wobei in das „irre“ nicht soo viel hineininterpretiert werden darf) und dem Rumsitzen Wasserkrüge-schleppen zählen. Wenn das Wasser aus dem ein paar Schritte vom Garten entfernten „Brunnen“(eher ein Loch im Boden) einmal läuft, muss das ausgenutzt werden, denn keiner weiß, wie lange es anhält. Heute reichte es, um alle Tonnen aufzufüllen. Wir haben also wieder Wasser zum Duschen =)
Gegen Nachmittag wieder in der Stadt, verzichtete ich auf einen Rundgang durch die „Zooabteilung“ auf dem Markt und wartete stattdessen gegenüber eines offenen Raumes mit aufgestallten Hühnern, was ich erst recht spät bemerkte. Was für eine Ironie. Wenn ihr einmal unglücklich seid und denkt, dass euer Leben sinn-und trostlos ist, stellt euch gequetschte, weil viel zu viele, Hühner in einem verrosteten Käfig, groß wie eine Stuhlsitzfläche vor, die dort täglich, ununterbrochen ihr Dasein fristen. Ich glaube denen geht es besser, wenn sie wie ihr toten Kollegen kopfüber an einem Seil hängend, zum Verkauf angeboten werden.
Wieder Zuhause, erstmal sicher vor weiteren Gruseleindrücken, guckten wir uns bei Prabhu Fotos von ihm in Deutschland und den letzten Freiwilligen an.
Wenn ich so darüber nachdenke, war der Tag heute extrem abwechslungsreich: kein Polizeibesuch, Wasserschleppen, Kaffekränzchen bei Prabhu. Na, das ist doch schonmal was...Und es kommt noch abwechslungsreicher: bis eben haben wir ein Spiel gespielt. Ein indisches, läuft ähnlich ab wie Billard, nur im Kleinformat und ohne Schläger, stattdessen mit den Fingern (was die Sache nicht unbedingt einfacher macht). Wir waren alle so schlecht, dass es vorzeitig abgebrochen werden musste, einen Gewinner ausgespielt, hätten wir unser Jahr glaube ich hier nicht sinnvoll nutzen können...
Es ist halb 10, es gewittert ziemlich stark und ich bin verdammt müde. Also Freunde, machts gut, bis morgen =)

Negativstes Ereignis:
- die Erinnerung an das Leben der Hühner

Positivstes Ereignis:
- die Erkenntnis, dass ich kein Huhn bin, also das Glück habe mein Leben so zu leben wie ich es möchte.

Freitag, 10. September 2010

Tag 9

Es ist gerade einmal halb sechs, ich habe aber nichts zu tun und da ich nicht glaube, dass heute noch etwas aufschreibwürdiges passiert, texte ich einfach schonmal.
Wir sind, entgegen meiner festen Überzeugung, wirklich eher aufgestanden, es war zehn. Der Tag startete also gut.
Noch pappsatt von gestern verzichtete ich natürlich nicht aufs Frühstück, hielt mich aber, mit viel geistiger Stärke, zurück. Das Essen ist so grandios lecker, dass ich da noch sehr mit mir zu kämpfen haben werde...
Meinen guten Vorsatz von gestern befolgend, half ich Lataka heute in der Küche (Knoblauch schälen, Linsen pulen, Möhren schneiden) und schaute ihr beim Kochen über die Schulter.
Meine Erkenntnis aus Indien an alle Deutschen: bringt Abwechslung in eure Mahlzeiten, man kann auch Nudeln oder Kartoffelmuß zum Frühstück essen. Gut, falls ihr da Hemmungen habt, fangt aber an, mit mehr Gewürzen zu arbeiten: ihr glaubt gar nicht, wie viele verschiedene Geschmackserlebnisse Reis so bieten kann!
Also: aus Gewürzen(nicht nur Salz und Pfeffer;)plus Reis und viel Gemüse, kann man ganz tolle Gerichte zaubern =) Aber das Essenshighlight hier ist trotz allem Chapati. Etwas Öl, Mehl, Wasser und Salz. Ihr glaubt gar nicht, wie das schmeckt. Am Besten natürlich als Beilage zu einem Gewürz-Reis-Gemüse-Essen.
Viel Neues kann ich leider nicht berichten, außer, dass wir heute nich 1,5 Stunden, sondern nur eine Stunde bei der Polizei saßen. Um Maries Visum wird ein irres Drama gemacht. Ich frage mich nur, warum nicht gleich alles gesagt wird, was daran falsch ist. Wir erfahren bei jedem Besuch ein neues Problem, soll ja auch nicht langweilig werden...
Nach einem reichhaltigen Mittagessen (ich habe hier fast durchgehend einen Bärenhunger, wahrscheinlich ist das Essen super leicht zu verdauuen), kletterte ich dann in Begleitung eines Buches und eines Englischlexikons auf meinen Standardberg. Das Buch legte ich dann sehr bald zur Seite und ging auf Berg-Inspizier-Tour. Ich hüpfte über kleine Schluchten und kletterte heute doch in eine hinein (ich entdeckte einen Abstieg, bei dem ich mir sicher war zu überleben). Das war wirklich klasse! Ich kam mir vor wie in einem kleinen Urwald. Unter einer Palme ging es hindurch, über sämtliches Gestrüpp, Blumen und Geröll. Ich schaffte es sogar, wieder herauf zu klettern. Oben angekommen, nahm ich den Nachbarberg in Angriff. Die körperliche Anstrengung tat richtig gut, und ich werde schon sicherer und besser im Klettern. Pausiert habe ich auf einem Felsvorsprung. Nur Natur plus Kühe und Ziegen im Blick (abgesehen von den Tieren war ich das erste Mal ganz alleine!), packte mich das Abenteuerfieber. Ich möchte auf Weltreise gehen...;)Aber gut, nun erstmal Indien...
Kurz bevor die Wolken beschlossen zu regnen, machte ich mich auf den Rückkletterweg. Natürlich bekam ich trotzdem einiges von ihrem Inhalt ab. Das hat mich aber nicht gestört, ich sah sowieso aus wie ein Waldmensch (dreckig ohne Ende, vor Schweiß triefend, die Klamotten voll mit Bergsand) und bevor die Wölkchen so richtig loslegten, war ich auch zu Hause und duschte gleich. Man war das gemütlich, dieses behagliches Plattern auf die Blechdecke des Badeverschlags (Zimmer ist nun wirklich übertrieben).
Nun sitze ich hier und falls noch eine Bombe explodieren sollte, oder etwas ähnlich Interessantes, schreibe ich es euch natürlich =)


Negativstes Erlebnis:
- eine verpasste Tempelführung

Achja, meine Sportübungen habe ich natürlich gemacht, allerdings gesplittet. Ich hoffe nicht, dass das der Anfang vom Ende ist ;)

Tag 8

Noch eine kleine Korrektur zu meinem gestrigen Bericht. Anstatt zu lesen (was ich zwar auch gemacht habe, aber erst später) habe ich mit den Anderen Fotoalben durchgeguckt. Die guten alten Zeiten, meine Freunde =) Ein Jahr ohne Tuch und tanzen, das ist mir schmerzlich bewusst geworden. Aber Catha „danced“ für mich mit und wenn die Sehnsucht zu groß wird, habe ich ja euer tolles Abschiedsgeschenk :)


Sooo, nun zu dem heutigen Tag, zur Abwechslung mal unchronologisch geschrieben.
Ich beginne mit meinem aktuellen Befinden. Total überfüllt, kurz vorm Platzen, leichte Übelkeit, kurz: zu viel gegessen. Ich hatte aber auch einen Hunger, als ob ich mich stundenlang non-stop stark körperlich betätigt hätte, was natürlich so gar nicht der Fall war. Im Gegenteil, ich habe zwar meine Morgenübungen durchgezogen (natürlich habe ich das), aber auf meinen üblichen Spaziergang von der Stadt zurück verzichtet, das Nichtstun macht wahnsinnig schlapp, um mich zu entschuldigen.
Das Tageshighlight war eine Motorradfahrt. Wir mussten mal wieder zur Polizei, es gibt immer noch Probeme mit Maries Visum. Auf dem Hinweg saß ich hinter Prabhu, natürlich ohne Helm oder sonstige überflüssige Sicherheitsmaßnahmen auf seinem Gefährt. Das war soooo toll. Den Fahrtwind im Gesicht und ein Grinsen auf den Lippen, düste ich mit ihm die Straße entlang. Im Reitersitz.
Im Reitersitz =(. Hachja, das Reiten vermisse ich...
Bei der Polizei hielten wir uns dann 1,5 Stunden auf. Spannende 1,5 Stunden, die ich damit verbrachte, diesen Raum in dem wir saßen, von allen Seiten zu betrachten. Ein Fenster gab es auch, sodass ich zusätzlich das kleine Hintergärtchen begucken konnte. Keine neuen Erkenntnisse, abgesehen davon, dass ich jetzt weiß, dass indische Polizisten nicht unbedingt eine Toilette benutzen.
Gelernt habe ich heute auch, dass es unhöflich ist, mit der Hand in der Hosentasche vor dem Polizeidirektor zu stehen. Prabhu machte mich diskret darauf aufmerksam. Ich bin wohl einfach zu cool für Indien ;)
Ohne Erfolg gehabt zu haben, Maries Visum wird und wird nicht anerkannt, jetzt ist das Problem, dass eine Unterschrift eines ihrer Visumbearbeiter nicht aussieht wie seine Vorherige, ging es dann im Tuck-Tuck in die Stadt.
Polizei, Stadt und zwischendurch immer wieder lesen. Ein Tag ist wie der andere.
Um wenigstens einen nachhaltigen Sinn in eine der Tätigkeiten zu bringen, lese ich viel auf Englisch.
Vom Englischlernfieber gepackt, habe ich mit Lataka geredet und dabei herausbekommen, wie man Chai kocht: Milch aufkochen, etwas Wasser, schwarzen Tee, Zucker und Gewürze (man kann ALLES benutzen: z.B.Ingwer, Pfeffer, Kardamum, Chili, Zimt, Nelken, und was einem sonst noch einfällt)nach Geschmack dazugeben.
Bei nächster Gelegenheit werde ich mich auch beim Essenkochen dazugesellen, um ein paar indische Küchengeheimnisse zu lernen (ich schwöre euch: alles was ich hier bisher gegessen und getrunken habe, abgesehen von einem merkwürdig schmeckenden roten Zuckerring, hat einfach traumhaft geschmeckt!!!).
Kinderkontakt hatte ich heute auch. Sobald man elektronische Geräte um sich herum hat, hat man viele Freunde. 5 kleine Inder, darunter auch zwei Mädchen, die ich wohl schon aus unserem Schulbesuch kannte, sie mich zumindest, haben mich und meinen Laptop belagert, mit dem ich es mir gerade auf der Terrasse bequem gemacht hatte. So guckte ich mir also, anstatt alleine, mit den Kleinen zusammen Fotos an und sie schrieben begeistert ihre Namen in ein Textdokument. So war es mir dann auch mal möglich, die Namen zu verstehen, gesprochen klangen viele gänzlich anders. Die verbale Verständigung ist schwer, auch mit den Erwachsenen, wie gesagt: Inderenglisch eben...
Morgen wollen wir etwas versuchen: freiwillig früher aufstehen (heute war es halb zwölf...). Gut, ich glaube nicht, dass viel daraus wird, aber es ist wichtig, sich Herausforderungen zu stellen und Niederlagen einzustecken.
Gleich schauen wir wieder einen Film (die fabelhafte Welt der Amelie), und damit geht dann ein weiterer Tag zuende.

Positivstes Erlebnis (abgesehen davon, dass mir der Smog in der Stadt langsam Kopfschmerzen beschert, gab es kein Negativstes)
- meine Stimmung war heute zeitweise richtig gut :)
- die Motorradfahrt natürlich :)

Tag 7

Ich starte heute mal nicht mit unserer Aufstehuhrzeit, sondern mit meiner Verdauung. Maria hatte ja schon angekündigt, dass wirklich alle Neu-Inder nach kürzerer oder längerer Zeit Durchfallprobleme bekamen. Ich kann mich nun zur ersten Gruppe zählen. Das scharfe Essen scheint zu wirken, wobei ich hoffe, dass sich mein Magen schnell daran gewöhnen wird. Lange Toilettengänge sind hier sehr unbequem, wobei natürlich Beinmuskeln und auch die Koordination (es ist nicht immer einfach, das Gleichgewicht zu halten)gefördert werden. Trotzdem wäre es mir lieber, wenn es Ausnahmen bleiben.
Jaa, gefrühstückt habe ich dann trotz großer Vorsätze doch. Mein Magen war heute morgen aber auch wirklich leer, er ist es wohl gewohnt, große Mengen schnell zu verdauuen. So habe ich also einen Kokos-Zucker-Mix gepaart mit einer Nudelmasse verzehrt und muss sagen, dass ich es nicht bereut habe nicht zu verzichten.
Nach dem Essen folgte dann mein morgendliches Sportprogramm, in das ich mich doppelt hineingesteigert habe (der Bruch des guten Vorsatzes musste kompensiert werden).
Ich hatte dann auch wirklich das Gefühl, dass mich die 3x20 Wandliegestützen weniger anstrengen. Oder mein Geist wird stärker, beides gut =) Nicht nur ein Gefühl sondern Tatsache ist, dass ich gelenkiger werde. Immer näher kommen meine Hände im Stehen dem Boden.
Man, ich habe eine kleine Schreibblockade, es fließt nicht so gut...Okay, egal, weiter.
Nach dem Sport habe ich dann wieder schön geduscht, wobei ich echt sagen muss, dass ich anfange, ein Anhänger des Kaltduschens zu werden. Wir hatte heute auch warmes Wasser zur Auswahl (Lataka, die Haushälterin, hatte welches gekocht). Nett, dachte ich, probierte es natürlich aus, stieg dann aber wieder auf die harte Version des Duschens um. Es ist einfach erfrischender!
Frisch geduscht ging es dann wieder ans Irgendwie-Zeitvertreiben. Originell wie wir sind, haben wir uns rausgesetzt, gelesen und in die Luft gestarrt. Super ;)
Irgendwann füllte mich das nicht mehr aus und ich bin auf Fototour, inklusive Bergklettern gegangen. Auf dem Berg oben angekommen, genoß ich erstmal die frische Brise des Windes, der meinen Geist erfrischte und durch meine Seele wehte, ihr dadurch Freude und ein Lächeln schenkte.(Um einmal poetisch zu werden). Auf dem Berg ist es aber wirklich wunderschön. Man muss eben nur aufpassen, nicht meterweit in die Tiefe zu stürzen, also Augen auf und auf versteckte Schluchten achten. Der Ausblick ist toll und Adler kreisen wenige Meter über einem (wobei ich da heute doch etwas Respekt bekommen habe, was weiß ich, ob sie irgendwo Nester auf dem Berg haben und mich als Eierdieb sehen).
In Indien ist man wirklich nirgends alleine, selbst auf einem Berg nicht. Vor den Blicken der Leute unter mir durch die Höhe geschützt, winkte mir jemand vom Nachbarberg zu. Wohin geht man in Indien wenn man das Bedürfnis hat mit sich und der Welt alleine zu sein????? Eine Chance wäre es vielleicht gewesen, in eine der Bergschluchten zu klettern. Ich habe wirklich überlegt, denn es sieht verlockend interessant aus (Blumen wachsen dort, und es scheint richtige „Gänge“ zu geben-ein unterirdisches Tunnelsystem?). Letztendlich hatte ich aber zu viel Angst, abzustürzen. Der Berg besteht nicht aus Stein sondern aus festem Sand, der schnell bröckelt. Die Vernunft und der Überlebenswille waren also stärker als meine Neugierde (guck Mama, brauchst keine Angst zu haben).
Auf meinem Weg vom Berg hinunter bin ich dann dem Winkenden begegnet, der auf dem Weg hinauf war, es sich jedoch anders überlegte, als ich ihm runterrutschend entgegenkam. Er begleitete mich einfach nach unten. Ich habe ja den Verdacht, dass es ein Special-Prabhu-Agend war, der uns im Blick behalten soll. (Wir denken, dass Prabhu mehrerer solcher Leute hier herumlaufen hat, die auf uns Acht geben, dass uns auch ja nichts passiert). Vielleicht war es aber auch einfach nur ein neugieriger Inder auf der Suche nach abwechslungsreichen Kontakten.
Wieder daheim sind die Anderen und ich dann ab zum Internetcafe. Ich habe fleißig Bilder gebloggt, mal schauen wie lange das noch anhält.
Vorhin haben wir dann einen Film auf Maries Laptop geguckt (Männerpension, nicht sehr empfehlenswert). Nun beginnt das allabendliche Programm, ich werde wohl lesen.
Gute Nacht =)
Negativstes Erlebnis:
- keine Chance auf einige Minuten unbeobachtes Alleinsein
- Finger an Kokosnuss geschnitten

Ach übrigens habe ich heute aufs Mittagessen verzichtet, um das gegessene Frühstück wieder auszugleichen ;)

Tag 6

Heute sind wir ungewohnt früh aufgestanden. 9 Uhr. Ich fand das nicht so witzig, aber Prabhu wollte um halb elf mit uns zur Polizei. Ich frage mich gerade, wo ich das so lese, warum wir 1,5 Stunden vorher aus den Federn gestiegen sind, aber gut...Ihr könnt euch ja denken, dass wir natürlich nicht um halb 11 losgefahren sind, ich glaube es war eine sehr gute Stunde später. Bei der Polizei kam dann heraus, dass immer noch irgendwelche Dokumente zur Anmeldung fehlen und so werden wir dort wohl Dauergäste werden.
Dem Besuch bei der Polizei folgte dann ein weiterer Besuch in Pascals Schule. Dort waren wir ja schon einmal kurz, heute dann recht lang. Es gibt drei Klassenräume, in denen, soweit ich das erkennen konnte, drei unterschiedliche Altersgruppen von Kindern unterrichtet werden.
Wir waren die Tagesattraktion. Es wurde gerufen, gelacht, gekichert und gespielt. „What is your name?“ war DIE Frage. Ich habe an einem Tag noch nie so oft und so langsam meinen Namen gesagt. Meine Gegenfrage: „and what is your name?“ diente letztendlich nur der Freundlichkeit, ich weiß keinen einzigen mehr...Beliebt war auch:“how are you?“ Antwort:“fine, and how are you?“. Viel mehr verstehen die Kinder aber auch nicht, ich bin gespannt wie dann später unser „Unterricht“ aussehen wird.
Abgelöst wurden wir als Tagesattraktion durch meine Kamera. Die war der eigentliche Held. 1000 mal musste ich fotografieren und danach die Bilder zeigen. So macht man sich beliebt...
Unter stundenlangem „bye,bye“ und viel Gewinke sind wir dann nach ca. einer Stunde wieder gefahren.
Der übliche Tagesablauf folgte. Mittagessen (wieder Tomatenchateau, sooooo lecker), draußen vor dem Haus sitzen (lesen, Fotos angucken,...) und ab in die Stadt. Im Internetcafe habe ich dann wieder fleißig Berichte gebloggt und mit den Fotos klappt es ja nun auch, es wird =)
Nach dem Lesen eurer Kommentare stieg meine Stimmung wieder etwas ins Fröhliche (ansonsten pendelt sie viel zwischen komisch, melancholisch und nachdenklich hin und her: Meine größte Herausforderung hier ist im Moment, einen Weg zu finden, wie ich mit den 3 anderen Mädchen umgehen soll. Es ist schwierig, wenn die Wellenlänge nicht stimmt. Aber da ich ja immer groß herumtöne, dass ich Herausforderungen suche, darf ich mich nicht beschweren ;)
Die Stadtsituation bekomme ich langsam in den Griff. Es ist einfacher offen und entspannt durch die Gegend zu wandern, als verunsichert und unwissend, wie man sich verhalten soll. Also einfach die Unwissenheit abstellen und
ausprobieren: So habe ich festgestellt, dass man auch Männer freundlich angucken kann, ohne gleich anzüglich angemacht zu werden. Es ist auch kein Problem, auf eines der vielen „hey Madam, how are you?“ einzugehen. Im Gegenteil, es steigert die Stimmung.
Durch meine neue Einstellung kam es heute zu einem kurzen Gespräch mit einem Kokosnussverkäufer, ein dreistes Exemplar:hatte er nicht vor, mich um einen Rupie zu bescheißen. Mittlerweile habe ich mitbekommen, dass eine Kokosnuss 5 und nicht 6 Rupies kostet. Seine Einsicht wurde belohnt und so ist er jetzt um 5 Rupies reicher und weiß einiges über mich (Name und dass ich deutsch bin). Viele Wörter konnte ich leider nicht entziffern und so wurde noch etwas gelächelt und das Gespräch dann beendet.
Bald ging es auch wieder nach Hause (die anderen haben noch ein Mangoeis gegessen und ein paar Klamotten gekauft, wobei wohl wieder etwas Unwissenheitszuschuss gezahlt wurde)
Seitdem sind wir also hier. Und nun zum Essen.
Ich habe mir ja vorgenommen nicht dicker zu werden, sondern stattdessen einen Woooow-Körper zu bekommen. Ja, wenn das heute der Anfang meiner neuen Essgewohnheiten war, kann ich das bald als gescheitert abhaken. Ursprünglich wollte ich aufs Abendessen verzichten, gegessen habe ich dann 2 Pfannkuchen (ähnlich wie die deutschen) mit anständig Honig und Marmelade drauf. Zum Nachtisch gab es Schokolade. Gott, ich entdecke meine Liebe zu Zucker wieder ôo...Morgen verzichte ich aufs Frühstück, echt!!! (ich werde berichten und wenn es sein muss auch beichten)
So viel zu dem heutigen Tag.

Negativstes Erlebnis:
- weiterhin meine Stimmung
- die Luft hier ist gruselig. Du kannst fast spüren, wie dein Körper durch die ganzen Abgase und Dämpfe vergiftet wird.

Dass ich nur die negativsten Erlebnisse separat aufschreibe, heißt nicht, dass hier alles hauptsächlich negativ ist. Mich interessiert einfach, wie es sich (vielleicht zum Positiven?) entwickelt oder wie sich meine Ansichten und Empfindungen ändern.

Nachtrag:
Wenn ein Fresstag, dann auch richtig: Pascal rief gerade aus dem Nebenzimmer:“wer möchte Beaf probieren?!“ Meine Reaktion kam natürlich promt. Geschmacksergebnis: sehr würzig und scharf. Das wirkliche Fleisch (echt Rindfleisch) besteht aus vielleicht zwei zähen Fasern. Aber die Gewürze machen es zu einem leckeren Snack. Gerne wieder =)